Am nächsten Morgen sollte es nun zurück in die Vereinigten Staaten gehen. Nach zwei Tassen Kaffee packten wir also unsere Sachen am Lakewood Christian Campground zusammen und machten uns auf den Weg nach Sarnia – zum mittleren der drei Grenzübergänge zwischen Ontario (Kanada) und Michigan (USA).
Dazu fuhren wir die Lakeshore Road entlang, vorbei an sehr schönen Wohngebieten mit wahnsinnig beeindruckenden Hofeinfahrten und Häusern. Hier lässt es sicherlich gut leben. Am Ende führt die Straße quasi direkt zum Canatara Beach & Park, wo man einen wundervollen Blick auf den Lake Huron sowie tolle Bade- und Picknickmöglichkeiten hat. Ein wirklich schöner Ort, um sich zu erholen – und das völlig kostenlos!
Anschließend ging es weiter zum Waterfront Park. Hier hat man nicht nur einen tollen Blick auf die Blue Water Bridge und die nur wenige Meter entfernte USA; mit den Fahnen der beiden Länder ließen wir es uns natürlich nicht nehmen ein kleines Fotoshooting mit Gernot & Gisi zu veranstalten. 🤭
Unsere erste Wieder-Einreise
Nachdem wir brav unsere Mautgebühren für die Nutzung der Blue Water Bridge bezahlt haben (pro Motorrad 6 CAD; per Kreditkarte bezahlbar) und uns in die Auto-Schlange einreihten, hieß es erstmal warten. Mit einem tollen Blick auf die Mündung des St. Clair-Flusses in den Lake Huron standen wir mitten auf der Brücke, die bei jedem vorbeifahrenden LkW zu schwingen begann. Nur langsam ging es – diesmal bei 28 °C – vorwärts. Mit jedem Meter stieg unsere Anspannung: Werden wir rausgezogen und unser gesamtes Gepäck durchsucht? Wird das Datum unserer Ausreise angepasst?
Nach etwa 45 Minuten in gleißender Hitze kamen wir völlig durchgeschwitzt endlich an die Reihe. Und auch dieses Mal verlief alles problemlos: Reisepässe abgeben, ein paar Fragen beantworten und schon durften wir weiterfahren. Keine Kontrolle unserer Bikes oder unseres Gepäcks, aber auch kein neuer Stempel in den Pässen – und damit kein neues Ausreise-Datum. 😕
Damit steht fest: Mitte November 2023 endet unser aktuelles B2-Visum. Eine Ein- bzw. Ausreise nach Kanada ändert daran leider nichts. Folglich müssen wir nun überlegen, ob wir bis dahin unsere Tour wie geplant schaffen werden. Dies abzuschätzen fällt uns im Moment wirklich schwer …
Gemäß unseres Routen-Trackings (siehe Karte unten) haben wir in den letzten zwanzig Tagen 1.372 Meilen hinter uns gebraucht. Das entspricht ca. 2.208 Kilometern, womit wir pro Tag etwa 68,6 Meilen (= 110,4 km) zurückgelegt haben. Bis an die Westküste (nach Vancouver) liegen aktuell mindestens 2.547 Meilen (= 4.099 km) vor uns – und das ohne groß Zwischenstopps an Canyons oder in Nationalparks zu machen. Mit 68,6 Meilen pro Tag werden wir dafür ca. 37 Tage – mit Stopps eher 1,5 Monate – benötigen. Die Westküste runter sind es etwa 1.397 Meilen (= 2.249 km). D.h. weitere mindestens 20 Tage bzw. aufgrund der zahlreichen Attraktionen im Westen wohl eher 1-1,5 Monate. Und dann soll es ja eigentlich wieder zurück an die Ostküste, nach Miami, gehen. Je nach Route also nochmal zwischen 2.975 und 3.288 Meilen (= 4.788 und 5.291 km) und somit um die 43 bis 48 Tage (eher 2 Monate). Das macht insgesamt 100 – 105 Tage (ohne Stopps) bzw. mit so etwa 4,5-5 Monate.
Aktuell haben wir (ohne Puffer) noch knapp 4,5 Monate Zeit: Das könnte also ganz schön knapp werden! 😬
Detroit bzw. Dearborn: Die Stadt von Henry Ford
Nach einer kurzen Pause hinter dem Grenzübergang fuhren wir weiter in Richtung Detroit. Da uns sowohl Freunde als auch Personen, die uns unterwegs angesprochen haben, aufgrund der Kriminalitätsrate empfahlen, Detroit lediglich zu passieren, nahmen wir den Interstate-Highway 94 (I-94) ohne etwas von Detroit mitzubekommen. Stattdessen fuhren wir bis Dearborn, einer Stadt südwestlich davon. Hierbei handelt es sich nämlich um die Heimatstadt von Henry Ford und damit auch dem Sitz der Ford Motor Company.
Eine Besichtigung des Henry Ford-Museums wollten wir uns nicht entgehen lassen; daher buchten wir uns dieses Mal ein Zimmer im Best Western Greenfield Inn. Das Hotel liegt nur 3 km entfernt direkt an der I-94 und bietet einen kostenlosen Shuttle-Service, den wir gerne in Anspruch nahmen. Auch unser Zimmer war ordentlich & es gab einen eigenen Parkplatz, auf dem wir Gernot & Gisi sicher abstellen konnten. Aufgrund unserer Erfahrung ist es absolut kein Problem, so nahe an Detroit einen Stopp einzulegen!
Wir verbrachten ganze 3,5 Stunden im Museum. Unser Highlight war defintiv die Ausstellung der bisherigen Präsidenten-Fahrzeuge (natürlich mit Ausnahme von „the Beast“), Ford’s Modelle bis zur Fertigstellung des Model-T und der darauffolgenden Varianten, sowie unsere Pause in Lamy‘s Diner, einem originalen Diner-Wagen von 1946. Was wir aufgrund unseres kurzen Aufenthalts nicht geschafft haben war ein Streifzug durch das angrenzende Greenfield Village. Dort kann man u.a. in einem Original-Model T mitfahren, weitere Gebäude von Ford und das Labor von Edison, in dem er die Glühbirne erfand, bestaunen. Möchte man alles besichtigen, sollte man wohl eher zwei volle Tage dafür einplanen.
Über Sanddünen nach Chicago
Von Dearborn aus sollte es weiter nach Chicago gehen – eine Strecke von ca. 6,5-7 Stunden reiner Fahrtzeit. Daher entschieden wir uns vor Chicago nochmal einen Zwischenstopp einzulegen. An der Südostseite des Lake Michigan – unserem dritten der fünf großen Seen – sind wir bei unserer Recherche nach einem Campingplatz auf den Warren Dunes State Park gestoßen.
Und so reservierten wir uns online einen Zeltplatz für zwei Nächte im Mount Randall Campground des Parks. Die notwendigen Recreation-Pässe, die man pro Fahrzeug für die Fahrt in den Park benötigt, kosten 11$ pro Tag und können beim Check-in bezahlt werden. Das ist in unseren Augen nicht gerade billig – v.a. da man ja im Park campt- aber lohnt sich unserer Meinung nach auf jeden Fall! Die Zeltplätze liegen schön im Wald, man hat tolle Trails durch den Wald & zu den Dünen und die Dünenlandschaft an sich ist wunderschön. Wieder einmal absolut weicher, feiner Sand, km-weiter Strand und obwohl man an einem See ist, kommt es einem vor als wäre man am Meer. Einfach traumhaft!
Und auch wenn wir mit dem Wetter mal wieder nicht so viel Glück hatten – zumindest anfangs, denn es regnete nahezu durchgehend von Dearborn bis zu unserer Ankunft am Zeltplatz – konnten wir zumindest am Nachmittag des nächsten Tages bei etwas Sonnenschein und Wind den Park erkunden. Nach insgesamt ca. 7,5 km waren wir erstaunt, dass wir doch ziemlich außer Puste gekommen sind; Sanddünen zu erklimmen geht definitiv in die Waden und erzeugt, wie Micha so schön zu sagen pflegt, Muskelkatze … 😮💨; aber das lohnt sich definitiv!
Nach diesem doch noch sehr wunderschönen Natur-Erlebnis machten wir uns schließlich am nächsten Tag auf in die ehemalige Gangsterstadt Chicago. Auf dem Freeway 12 ging es entlang des Sees bis zu seiner südlichsten Spitze. Von dort ging es ebenfalls weiter am See entlang nach Norden – teilweise durch sehr merkwürdige Wohn- und ein großes Industrieviertel. Die Luft hier war nicht nur vom Qualm der kanadischen Waldbrände geprägt, weshalb wir diesen Teil der Strecke nicht gerade empfehlen können. Und auch wenn uns – v.a. mir – an der ein oder anderen Stelle etwas mulmig war, können wir nicht sagen, dass wir uns irgendwo bedroht oder unsicher gefühlt haben.